Im aktuellen Linux Magazin habe ich einen interessanten Artikel zum Thema agile Methoden in der Systemadministration gefunden. In der Softwareentwicklung ist der agile Gedanke zunehmend verbreitet. In dem Tagesgeschäft eines IT-Administrators wird agilen Ansätzen derzeit wenig Beachtung geschenkt.
Marcel Wegermann beschreibt in dem Artikel wie sich die agilen Praktiken auf die Arbeit eines Administrators übertragen lassen. Durch Anpassen der Regeln lässt sich so eine ASA (Agile Systemadministration) auf die Beine stellen. So werden in diesem Artikel Zehn agile Regeln für die Systemadministration aufgestellt, die sich an XP Grundpraktiken orientieren:
- Jede neue Funktion (z.B. Server, Service, Standleitung oder das Hosting) muss durch automatisierte Tests abgedeckt sein.
- Teammitglieder administrieren zu zweit an der Konsole, wenn sinnvoll
- Dokumentation auf Papier ist tot. Automatisierte Tests und die Konfiguration selbst sind Dokumentation genug. Kommentare ergänzen die Monitoring-Tests.
- Das Team bespricht jeden Notfalleinsatz in der Retrospektive. So findet es die Ursachen für Wochenend- oder Notfalleinsätze und stellt sie zügig ab.
- Risiken müssen aufgedeckt und schnell beseitigt werden (Transparenz schaffen)
- Technische Entscheidungen liegen beim Team. Alle Mitglieder tragen sie gemeinsam. Das Team allein hat die Verantwortung für den Betrieb. (Team Commitments).
- Die Administratoren führen Projekte iterativ und inkrementell durch.
- Regelmäßig wiederkehrende Aufgaben erledigen alle Teammitglieder reihum.
- Die Administration arbeitet möglichst zusammen an einem Ort in der Nähe des Kunden. (First- und Second-Level-Support, Entwickler oder Endanwender).
- Ein großer Bildschirm zeigt nach Art einer Ampel den aktuellen Status der Server und Auslastung für alle gut sichtbar an. Das fördert die osmotische Kommunikation.
Mein Fazit:
Für mich der erste Beitrag zum Thema ASA. Als großer Anhänger der agilen Methoden sind für mich die Punkte eins bis acht lohnend und sicherlich in den meisten Rechenzentren anwendbar. Eine Nagios-Installation leistet bereits in vielen Unternehmen seine Dienste und kann für die gesamte Testautomatisierung herangezogen werden. Allerdings ist es dann umso wichtiger qualifizierte Kommentare in der Konfiguration zu finden.
Punkt zwei und acht sehe ich als besonders effektiv an. Denn hier steht nicht nur der agile Gedanke im Vordergrund, sondern das Vorhandene Wissen wird auf mehrere Köpfe verteilt. Damit kann dem Problem mangelnder Vertretungen entgegen gewirkt und die Abhängigkeit von Einzelpersonen aufgelöst werden.
Aber nicht alle Ansätze lassen sich so einfach umsetzen. Insbesondere den Punkt neun sehe ich als kritisch an, denn in Zeiten von Outsourcing und Service-Rechenzentren ist die örtliche Nähe zum Kunden nicht immer möglich.
Der Einsatz von Whiteboards, Pinnwänden oder Flipcharts im Administrationsbereich kann zur Sprintplanung genutzt werden oder die Teambesprechungen unterstützen. Wie Teamräume aussehen können ist hier zu sehen. Ein Ticket-Trouble-System wie OTRS kann die auftretenden Störungen kanalisieren und ist zudem revisionssicher. Darüberhinaus ist für die Projekte ein Wiki das Tool der Wahl und zur Kommunikation mit der „Außenwelt“ kann ein Blog sehr hilfreich sein. So könnten dort aktuelle Störungen oder Planungen von Downtimes kommuniziert werden.
Insgesamt haben die agilen Methoden potenzial auch in der Systemadministration einzuziehen. Die bisherigen strikten Zuständigkeiten für Systeme oder Anwendungen können so effektiv aufgebrochen und eine höhere Dienstleistungsqualität erreichet werden.
Für ITIL/Governance geprägte Welten mag sich das Gedankentum zunächst anarchistisch/revolutionär anhören, letztlich setzt es aber, wie alle agilen Ansätze, auf einer gestärkten Kommunikation und Eigenverantwortung auf – zwei Dinge, die noch keiner Betriebsorganisation geschadet haben.